TM021
Janning Trumann
Divide the Zero
Cast
Janning Trumann - trb
Caroline Davies - sax
Drew Gress - b
Jochen Rueckert - dr
Pictures
Liner Notes
Ein winziges Entrée auf dem Schlagzeug, und schon stecken Posaune und Bass ohne Umschweife den Raum ab, in dem sich das kommende Geschehen abspielt. Es gibt diese Platten, auf denen man sich vom ersten Ton an zuhause fühlt. Woran liegt das? Wahrscheinlich daran, dass die betreffenden Künstler einen Platz schaffen, an dem man sich, kaum dass man ihn betreten hat, auszukennen meint und wiederfindet. Ein solches Album ist „Divide The Zero“ von Janning Trumann. Gemeinsam mit Saxofonistin Caroline Davis, Bassist Drew Gress und Schlagzeuger Jochen Rueckert erreicht der Kölner Posaunist eine essenzielle Klarheit, die zwar ganz unterschiedliche Assoziationen freisetzen kann, aber immer auf dem kürzesten Weg zum Wesentlichen führt.
Auch wenn die Musik der Platte ganz neu klingt, geht ihr doch eine lange Geschichte voraus. Als Janning Trumann in den USA studierte, gehörte Drew Gress zu seinen Lehrern. Schon damals begannen sie miteinander zu spielen. Mit Gress und Rueckert sowie dem Vibrafonisten Dirk Peters entstanden dann die beiden Alben „Be Here, Gone, And Nowhere“ (2018) und „Emotional Reality“ (2020). „Irgendwann dachte ich mir dann aber, dass ich so eine ganz einfache Besetzung mit Drew und Jochen haben wollte“, erinnert sich der Posaunist. „Jochen und Drew brauchen sehr wenig Information, um daraus unglaublich viel machen zu können. Diese Tatsache forderte mich heraus, meine vierseitigen Partituren mal auf eine Seite zu reduzieren. Allerdings konnte ich mir auch ein zweites Blasinstrument vorstellen. Auf die New Yorker Saxofonistin Caroline Davis kam ich, weil sie etwas ruppiger spielt als ich. Sie sollte uns von einer Gradlinigkeit wegholen, die auf Dauer etwas steril wirken könnte. Da ging es mir bewusst um den Kontrast unserer Stimmen, damit jedes Instrument auf der Platte seine exakte Verortung hat und genau sein kann, was es ist.“
Und so kam es dann. Die Hälfte der Songs auf dem Album sind im Trio eingespielt worden, die andere Hälfte im Quartett. Im Frühjahr 2023 setzte sich Trumann ans Schreiben der Stücke. Es war ihm wichtig, aus Weniger Mehr zu machen und zu einer Unmitelbarkeit zu finden, die keiner überflüssigen Schnörkel bedarf. Dress, Rueckert und Davis waren genau die Persönlichkeiten, mit denen er dieses Konzept ohne viel Brimborium umsetzen konnte. „Wir trafen uns zu den Proben“, so Trumann, „sprachen kurz über die Form, fingen an zu spielen, und es hat sofort funktioniert. Ich hatte das Gefühl, die anderen nicht zu überfrachten. Grundsätzlich bringe ich ja gern viel Material mit ins Studio, aber diesmal wollte ich rausfinden, wie weit ich mit meinem Minimalismus gehen kann, um mich immer noch wohlzufühlen.“
Bei den meisten Einspielungen und Begegnungen im Jazz geht es darum, einen Bandsound aus einem Guss zu definieren. Auf „Divide The Zero“ geht der Posaunist und Komponist aber den entgegengesetzten Weg und sucht nach vier Individualklängen. Die Konturen auf dem Album sind sehr klar. Man spürt beim Hören in jedem Augenblick, was Trumann und Co. uns sagen wollen. Die Musik ist unglaublich geerdet. Das liegt einerseits am Material selbst, aber vor allem auch am Zusammenspiel des Quartetts. Es passiert in jedem Augenblick genau das, was passieren muss. So emotional alle Stücke sind, folgen sie doch auch der Logik einer kausalen Kette wie bei einem Naturereignis, bei dem ein anderer Verlauf ausgeschlossen ist. Es wirkt, als wäre diese Musik, wie wir sie hier hören, schon seit Jahrzehnten da und hat nur noch auf den Kontext gewartet, in dem sie abgerufen wird. Einen wesentlichen Anteil an der Gravitation des Albums hat der Bass von Drew Gress, der hier mit einer unglaublichen Wucht in den Boden gerammt wird. „Ich kenne niemand sonst“, bestätigt der Bandleader, „dessen Bass so geerdet ist und der in so kurzer Zeit so unglaublich resoniert. Beim Mischen war es sehr spannend, den Platz aller vier Stimmen bestmöglich rauszuholen. Wir haben Drews Bass ganz bewusst in die Mitte gestellt.“
Das Gegengewicht zu der angesprochenen Erdung und Wucht ist ein ausgeprägter Sinn für Entspanntheit, der sich durch sämtliche Stücke zieht. Die vier Beteiligten überraschen sich zwar gegenseitig, lassen sich aber mit ihrem sonoren Erzählstil in keinem Moment aus der Ruhe bringen. Trumann führt diese Haltung nicht zuletzt auf den Charakter seines eigenen Instruments zurück. Er traf die bewusste Entscheidung, für die Posaune nicht tausend neue Türen zu öffnen. „Mir ging es auf diesem Album um ein klares Fahrwasser, auf dem man unterwegs ist. Man kennt den Untergrund, und auf dem wird dann gearbeitet. Genau nach dieser Entspanntheit habe ich gesucht. Man kommt irgendwohin, legt ein Blatt Papier auf den Ständer und schaut, was man damit macht. Es wird nicht immer etwas Neues passieren, aber in dem Rahmen, den man sich gesetzt hat, wird es eine Möglichkeit geben, etwas zu finden.“
Einen auffälligen Kontrast zu Trumanns Anspruch, statt eines holistischen Bandsounds vier individuelle Individualklänge zu manifestieren, bildet der Albumtutel „Divide The Zero“, denn die Null lässt sich ja bekanntlich nicht teilen. Es ging aber darum, innerhalb der Grenzen des Möglichen das Unmögliche möglich zu machen. Die Erklärung des Bandleaders klingt absolut stimmig. „Man bleibt bei dem, was man kann und was einem wichtig ist, versucht innerhalb dessen aber das Bestmögliche rauszuholen. Diesen Widerspruch habe ich mit dem Titel auf ironische Weise auszudrücken versucht.“
Zeiten wie diese brauchen Klarheit und Gelassenheit, eine solide Basis und zuverlässige Leitplanken. Janning Trumann hat die Zeichen der Zeit erkannt, unprätentiös, souverän und bestimmt. „Divide The Zero“ ist ein Album, das unbedingt aufgenommen werden wollte und jetzt ebenso vehement gehört werden will. Mit etwas Ruhe und Geduld kann man die Null eben doch teilen.
Auch wenn die Musik der Platte ganz neu klingt, geht ihr doch eine lange Geschichte voraus. Als Janning Trumann in den USA studierte, gehörte Drew Gress zu seinen Lehrern. Schon damals begannen sie miteinander zu spielen. Mit Gress und Rueckert sowie dem Vibrafonisten Dirk Peters entstanden dann die beiden Alben „Be Here, Gone, And Nowhere“ (2018) und „Emotional Reality“ (2020). „Irgendwann dachte ich mir dann aber, dass ich so eine ganz einfache Besetzung mit Drew und Jochen haben wollte“, erinnert sich der Posaunist. „Jochen und Drew brauchen sehr wenig Information, um daraus unglaublich viel machen zu können. Diese Tatsache forderte mich heraus, meine vierseitigen Partituren mal auf eine Seite zu reduzieren. Allerdings konnte ich mir auch ein zweites Blasinstrument vorstellen. Auf die New Yorker Saxofonistin Caroline Davis kam ich, weil sie etwas ruppiger spielt als ich. Sie sollte uns von einer Gradlinigkeit wegholen, die auf Dauer etwas steril wirken könnte. Da ging es mir bewusst um den Kontrast unserer Stimmen, damit jedes Instrument auf der Platte seine exakte Verortung hat und genau sein kann, was es ist.“
Und so kam es dann. Die Hälfte der Songs auf dem Album sind im Trio eingespielt worden, die andere Hälfte im Quartett. Im Frühjahr 2023 setzte sich Trumann ans Schreiben der Stücke. Es war ihm wichtig, aus Weniger Mehr zu machen und zu einer Unmitelbarkeit zu finden, die keiner überflüssigen Schnörkel bedarf. Dress, Rueckert und Davis waren genau die Persönlichkeiten, mit denen er dieses Konzept ohne viel Brimborium umsetzen konnte. „Wir trafen uns zu den Proben“, so Trumann, „sprachen kurz über die Form, fingen an zu spielen, und es hat sofort funktioniert. Ich hatte das Gefühl, die anderen nicht zu überfrachten. Grundsätzlich bringe ich ja gern viel Material mit ins Studio, aber diesmal wollte ich rausfinden, wie weit ich mit meinem Minimalismus gehen kann, um mich immer noch wohlzufühlen.“
Bei den meisten Einspielungen und Begegnungen im Jazz geht es darum, einen Bandsound aus einem Guss zu definieren. Auf „Divide The Zero“ geht der Posaunist und Komponist aber den entgegengesetzten Weg und sucht nach vier Individualklängen. Die Konturen auf dem Album sind sehr klar. Man spürt beim Hören in jedem Augenblick, was Trumann und Co. uns sagen wollen. Die Musik ist unglaublich geerdet. Das liegt einerseits am Material selbst, aber vor allem auch am Zusammenspiel des Quartetts. Es passiert in jedem Augenblick genau das, was passieren muss. So emotional alle Stücke sind, folgen sie doch auch der Logik einer kausalen Kette wie bei einem Naturereignis, bei dem ein anderer Verlauf ausgeschlossen ist. Es wirkt, als wäre diese Musik, wie wir sie hier hören, schon seit Jahrzehnten da und hat nur noch auf den Kontext gewartet, in dem sie abgerufen wird. Einen wesentlichen Anteil an der Gravitation des Albums hat der Bass von Drew Gress, der hier mit einer unglaublichen Wucht in den Boden gerammt wird. „Ich kenne niemand sonst“, bestätigt der Bandleader, „dessen Bass so geerdet ist und der in so kurzer Zeit so unglaublich resoniert. Beim Mischen war es sehr spannend, den Platz aller vier Stimmen bestmöglich rauszuholen. Wir haben Drews Bass ganz bewusst in die Mitte gestellt.“
Das Gegengewicht zu der angesprochenen Erdung und Wucht ist ein ausgeprägter Sinn für Entspanntheit, der sich durch sämtliche Stücke zieht. Die vier Beteiligten überraschen sich zwar gegenseitig, lassen sich aber mit ihrem sonoren Erzählstil in keinem Moment aus der Ruhe bringen. Trumann führt diese Haltung nicht zuletzt auf den Charakter seines eigenen Instruments zurück. Er traf die bewusste Entscheidung, für die Posaune nicht tausend neue Türen zu öffnen. „Mir ging es auf diesem Album um ein klares Fahrwasser, auf dem man unterwegs ist. Man kennt den Untergrund, und auf dem wird dann gearbeitet. Genau nach dieser Entspanntheit habe ich gesucht. Man kommt irgendwohin, legt ein Blatt Papier auf den Ständer und schaut, was man damit macht. Es wird nicht immer etwas Neues passieren, aber in dem Rahmen, den man sich gesetzt hat, wird es eine Möglichkeit geben, etwas zu finden.“
Einen auffälligen Kontrast zu Trumanns Anspruch, statt eines holistischen Bandsounds vier individuelle Individualklänge zu manifestieren, bildet der Albumtutel „Divide The Zero“, denn die Null lässt sich ja bekanntlich nicht teilen. Es ging aber darum, innerhalb der Grenzen des Möglichen das Unmögliche möglich zu machen. Die Erklärung des Bandleaders klingt absolut stimmig. „Man bleibt bei dem, was man kann und was einem wichtig ist, versucht innerhalb dessen aber das Bestmögliche rauszuholen. Diesen Widerspruch habe ich mit dem Titel auf ironische Weise auszudrücken versucht.“
Zeiten wie diese brauchen Klarheit und Gelassenheit, eine solide Basis und zuverlässige Leitplanken. Janning Trumann hat die Zeichen der Zeit erkannt, unprätentiös, souverän und bestimmt. „Divide The Zero“ ist ein Album, das unbedingt aufgenommen werden wollte und jetzt ebenso vehement gehört werden will. Mit etwas Ruhe und Geduld kann man die Null eben doch teilen.
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Tracklist
01
Rho
5:00
02
Complex Anomaly
5:56
03
Consistency is the Playground of Dull Minds
6:29
04
Divide the Zero
4:39
05
Bo
5:33
06
Bull Game
8:13
07
Pisces
5:14
08
Seasons - Elegy
4:20
Release: 25.10.2024